Die elektronische Patientenakte (kurz ePA) ist DAS Herzstück der Telematikinfrastruktur. Fast alle Prozesse im Gesundheitswesen sind vor dem Auf- und Ausbau der Telematikinfrastruktur analog gewesen: Anamnesen wurden auf Papier geschrieben, Behandlungspläne geplant und ausgedruckt, Patientenakten in Schränken und Rollcontainern gelagert und Rezepte per Fax von A nach B verschickt. Auch heute noch benötigen im Gesundheitsbereich viele Prozesse Stift und Zettel. Das Ziel der gematik ist es, viele dieser Prozesse nach und nach zu digitalisieren und online abbilden zu können. Die Anwendungen der Telematikinfrastruktur sollen dabei helfen.
Die elektronische Patientenakte (ePA) ist dabei eine der zentralen Anwendungen, die die Grundlage für viele weitere Entwicklungs- und Ausbaustufen der Telematikinfrastruktur ist. In der ePA können Patient:innen ihre eigenen medizinischen Daten zentral speichern und verwalten und ihren behandelnden Ärzt:innen und Therapeut:innen zur Verfügung stellen. Mit jeder neuen Anamnese, jedem:jeder neuen Ärzt:in und jeder neuen Therapie kann die ePA ergänzt werden – von Ärzt:innen direkt, aber auch von Angestellten wie MFAs. Ziel ist es, immer einen aktuellen Stand der medizinisch relevanten Dokumente und Informationen abzubilden. Die Nutzung der ePA ist grundlegend freiwillig. Allerdings strebt die gematik an, dass alle Patient:innen automatisch eine ePA erhalten. Wer dies nicht möchte, soll künftig aktiv widersprechen müssen. Auch Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) unterstützt diese Pläne, die noch in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden sollen.
Elektronische Patientenakte: Alle Daten auf einen Blick
Die ePA gibt medizinischem Fachpersonal auf einen Blick alle relevanten Informationen und einen strukturierten Überblick und ermöglicht es Patient:innen zeitgleich selbst souverän und eigenverantwortlich die Kontrolle über ihre Daten und Informationen zu behalten. Individuelle, gesundheitsbezogene Daten, Dokumente und Unterlagen können von Patient:innen an einem Ort eingesehen werden und ausgewählten medizinischen Akteuren (z.B. Ärzt:innen, Apotheker:innen) zur Verfügung gestellt werden. Patient:innen besitzen zu jedem Zeitpunkt die Datenhoheit und können auch eigenständig Informationen und Dokumente hochladen. Darüber hinaus haben sie das Recht auf eine Befüllung und Pflege der ePA von aktuell behandelnden Ärzt:innen.
Patient:innen registrieren sich für eine Nutzung der ePA bei ihren gesetzlichen Krankenversicherungen, die eine initiale Erstellung veranlassen. Anschließend melden sie sich bei der ePA-App ihrer jeweiligen Krankenkasse an, in welcher alle bestehenden Inhalte eingesehen und neue hinzugefügt werden können. Die Erstbefüllung übernimmt hier in der Regel der:die Hausärzt:in, wobei die Bereitstellung medizinischer Dokumente dabei gesetzlich auf den aktuellen Behandlungskontext beschränkt ist (§ 346 Abs. 3 SGB V). Eltern können die digitalen Akten ihrer Kinder bis zum 16 Lebensjahr für diese verwalten bzw. führen. Eine Übersicht aller ePA-Apps inkl. Downloadlinks für Android und iOS ist hier auf der Seite der gematik verfügbar.
Weitere Fachanwendungen integrierbar
Gut zu wissen: Auch Versicherte, die kein eigenes Smartphone haben oder aus sonstigen Gründen nicht auf eine ePA-App zugreifen können oder wollen, können – nach Rücksprache mit ihrer Krankenkasse – die ePA nutzen.
Als zentrale Anwendung innerhalb der Telematikinfrastruktur kann die ePA weitere Anwendungen freiwillig hinterlegen. Dazu gehören zum Beispiel ein elektronischer Medikationsplan (eMP) oder ein Notfalldatensatz (NFDM) Jeder:jede Nutzer:in hat die Möglichkeit, für die eigene ePA und dessen Verwaltung eine Vertretung zu bestimmen. Auch bei einem Wechsel der Krankenkassen oder einem Systemwechsel von der gesetzlichen in die private Versicherung (oder andersherum) gehen keine Daten verloren.
Die Vorteile
Souveräne Datenverwaltung und Eigenverantwortung der Patient:innen
Mehr Transparenz für Patient:innen und behandelnde Akteure
Individuellere Therapie- und Behandlungsgestaltung
Ortsunabhängige optimale Versorgung und höhere Therapiesicherheit
Weniger Bürokratie und vereinfachte interdisziplinäre Zusammenarbeit
Nutzung der ePA
Seit Beginn des Jahres 2021 haben gesetzlich Versicherte das Recht auf die Nutzung einer eigenen ePA, die von der jeweiligen Krankenkasse bereitgestellt werden muss. Nach einer Einführungs- und Testphase im ersten Quartal folgte eine bundesweite Umsetzung im zweiten Quartal. Die flächendeckende Vernetzung zwischen allen Akteuren im Gesundheitswesen ist seitdem in vollem Gang. Durch einen stufenweisen Ausbau bietet die ePA kontinuierlich neue Funktionen für neue Anwendungsszenarien.
Seit Januar 2022 können nicht nur gesetzlich Versicherte, sondern auch Privatversicherte die ePA nutzen und hier auf weitere Dokumente, wie beispielsweise ihren Impfpass, den Mutterpass, Hefte zu U-Untersuchungen der Kindern, Röntgenpässe oder Zahnbonushefte zugreifen. Die Version 2.0 soll dann auch Pflegepersonal, Hebammen, Physiotherapeut:innen, Reha-Kliniken, Arbeitsmediziner:innen oder den öffentlichen Gesundheitsdienst an die ePA anbinden.
Dritte Ausbaustufe ab 2023
Ab Januar 2023 ist in einer dritten Ausbaustufe die Verwaltung von weiteren Dokumenttypen und Informationen geplant, z.B. Krankenhaus-Entlassungsbriefe, Pflegeüberleitungsbögen, elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, Laborwerte oder DiGA-Daten. Ein integrierter Messenger (eine Ausbaustufe bzw. Erweiterung der Kommunikation im Gesundheitswesen, KIM) soll es ab dann noch unkomplizierter und schneller ermöglichen mit Ärzt:innen und anderen Nutzergruppen in Kontakt zu treten.
Neben den direkten Vorteilen für Patient:innen und ihre behandelnden Akteure soll in Zukunft auch die medizinische Forschung von der Datenfülle der ePAs profitieren können. Hierfür ist eine pseudonymisierte Freigabe der eigenen Daten für Forschungszwecke geplant, um die Gesundheitsversorgung so kontinuierlich zu verbessern
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